Ivan Turgenev "Otcy i deti". Bazarow als Hauptfigur des Romans

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Technische Universität München

WS 2008

Institut für Slavistik

Lehrstuhl für russische Literaturwissenschaft

Ivan Turgenev „Otcy i deti“.Bazarow als Hauptfigur des Romans

Seminar „Ivan Turgenev “Otcy i deti“

Seminarleiter: Prof. Dr. Henncke

Helen Matuwiecenen M. A. – Slavistik

Tittmannstraße 31 6. Semester

01309 Dresden

Tel: (0351) 1151711 Abgabedatum: 26. 03. 2008

masepa@yahoo.de


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Das Thema Nihilismus im Roman

Turgenevs Nihilismus-Begriff

Büchners „Kraft und Stoff“ und seine Auswirkungen

Turgenevs Korrekturen im Roman

Das Bild der neuen Generation

Bazarow als „Held unserer Zeit“

„Говорящая фамилия“

Bazarows Gestalt

Bazarows Nihilismus

Über Bazarows Materialismus

Bazarow und Volk

Bazarow und Naturwissenschaft

Bazarows Ansichten auf die Kunst

Evolution im Bazarows Charakter

„Мысль о человеческом ничтожестве“ im Roman

Bazarows Ende

Schlusswort

Literaturverzeichnis


Einleitung

 „Ну, и досталось же ему за Базарова,

беспокойного и тоскующего Базарова

(признак великого сердца), не смотря на

весь его нигилизм!”[1]

 „Отцы и дети“ („Väter und Söhne“) ist ein klassisches Beispiel des russischen sozial-psychologischen Romans. Diese Arbeit beschäftigt sich mit den ideologischen Problemen des 19. Jahrhunderts, die Turgenev in seinem Roman angesprochen hat. In Mittelpunkt stehen die Fragen des russischen Nihilismus und allgemeinen gesellschaftlichen Konflikt der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts. In dieser Arbeit wird der Hauptcharakter Bazarow, seine Stellung im Roman und auch seine Wirkung auf die andere Charaktere erläutert.

 In einer hohen künstlerischen Form stellte in seinem Werk Ivan Turgenev die führenden Ideen der neuen Generation und den allgemeinen gesellschaftlichen Konflikt der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts dar. Die Zeitschriften „Русская литература“, „Вопросы литературы“ und „Подъём“ schrieben über die epochale Bedeutung des Romans für russische Gesellschaft und äußerten die Meinung, dass Bazarow – der Hauptcharakter dieses Romans – keine Illustration zur einen bestimmten politischen These sei, sondern ein vollständiger künstlerisch dargestellte Charakter.[2]


Das Thema Nihilismus im Roman

 Der Autor arbeitete an dem Roman in der Zeit der revolutionären Situation in Russland in den Jahren 1859-1861, was einen bestimmten Abdruck auf die ganze Romankonzeption legte. Die Zeitgenossen von Turgenev waren der Meinung, dass das Hauptproblem von diesem Roman das Problem von Nihilismus sei. Ihre Kritik betraf die Darstellung und die Deutung dieses Problems, die von Turgenev im Roman gegeben wurde. In der Tat, nach dem Werk von N. I. Nadeždin „Сонмище нигилистов“, wo dieser das Problem des russischen Nihilismus aus seiner Sicht darstellte, bekam Nihilismus als charakteristischen Zug der russischen Gesellschaft zum ersten Mal eine besondere Betrachtung in einer künstlerischen Erfassung. Nadeždins Werk im Genre eines philosophischen Feuilletons, mit seiner charakteristischen grotesken und ironischen Note, ist der Betrachtung von zwei führenden Problemen der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts gewidmet – Romantik und Nihilismus. In seinem Werk machte Nadeždin die nihilistische Theorie zunichte und stellte sie als absurd und außerhalb aller ethischen und ästhetischen Normen dar.[3] Fast 30 Jahre trennen Nadeždins Artikel, der im Jahr 1829 geschrieben und veröffentlich wurde, und „Väter und Söhne“. Diese Tatsache weist auf die Untersuchung des Problems Nihilismus in der russischen Gesellschaft in unterschiedlichen historischen Epochen hin. In „Väter und Söhne“ ging Turgenev zum Problem von Nihilismus von der anderen – philosophischen Seite aus. Er betrachtete Nihilismus als eine soziale Erscheinung seiner Zeit in all ihrer Aktualität und Schärfe, was der herrschenden gesellschaftlichen Situation in Russland in den 50-60er Jahren des 19. Jahrhunderts völlig entsprach.

Turgenevs Nihilismus-Begriff

 Mehrere Forscher von Turgenevs Werk stellten fest, dass er den Begriff Nihilismus in der russischen Literatur geprägt und verbreitet hat. In der Tat, selbst Turgenev in seinem 1868-69 verfasstem Essay „По поводу „Отцов и детей“ beanspruchte die Wortschöpfung für sich: „Das von mir in Umlauf gebrachte Wort „Nihilist“ wurde damals von vielen angegriffen, die nur auf eine Gelegenheit, einen Vorwand gewartet hatten, die Bewegung aufzuhalten, von der die russische Gesellschaft erfasst war“[4]. In diesem Essay redete Turgenev von der Bewegung der neuen Generation Nihilisten in Russland. Das Programm der „Nihilisten“, im Namen der „reinen und positiven Vernunft“ eine gerechte Gesellschaftsordnung zu errichten, wurde bereits in den sozial-politischen und literarisch-ästhetischen Kreisen der 40er Jahre vorgeformt. Aleksandr Herzens und Vissarion Belinskij Schriften haben mehrere Diskussionen hervorgerufen. Als die wichtigen Theoretiker des Nihilismus knüpften Nikolaj Černyševski im „Современник“ und Dmitrij Pisarev im „Русское слово“ an die Ideenwelt der 40er Jahre an, meistens in Opposition zur älteren Generation, die durch die idealistische Philosophie geprägt war. In den Werken von Žukovskij, Belinskij und Katkov wurde der Nihilismus-Begriff auch mehrmals verwendet.

 Es ist wichtig zu ergänzen, dass Turgenevs Nihilismus-Begriff seine Grundlage nicht nur aus der russischen, sondern auch aus der deutschen Überlieferung von diesem Begriff bekam. Eine große Rolle hat eine Rezension in „Современник“ von Nikolaj Dobroljubov gespielt. In diesem Artikel propagierte er die nihilistischen Theorien von den deutschen Autoren wie Büchner, Vogt und Moleschott, die damals einen großen Klang auch in Russland hatten. Das Werk von Ludwig Büchner „Kraft und Stoff“ (1855 in Frankfurt am Main herausgegeben worden) hatte eine Menge von Diskussionen in Deutschland sowie in Russland hervorgerufen. In „Väter und Söhne“ wurde dieses Werk von der Hauptfigur – Bazarow, einen Vertreter der nihilistischen Theorien – stark propagiert.

Büchners „Kraft und Stoff“ und seine Auswirkungen

 Büchners Werk war populärwissenschaftlich geschrieben worden und galt als „Bibel des Materialismus“. Aus einer radikalmaterialistischen Sicht griff Büchner die spekulative Philosophie an und sah den gesamten Lebensbereich nur von empirischen „Fakten“ und „mechanischen Gesetzen“ existierend. Seiner Meinung nach sollte das Sein nur durch „Beobachtung“ und „positives Wissen“ begriffen werden, der Glaube an übersinnliche Phänomene „vollkommener Unsinn“ ist und die wahre Erkenntnis nur aus der Chemie oder aus der Physik gewonnen werden kann.[5] Die Theorie stellte den Glauben an die Erkennbarkeit, Gesetzmäßigkeit und Berechenbarkeit aller Lebewesen in den Mittelpunkt und propagierte eine radikale Abkehr von der Metaphysik und die Negierung der ethischen und der emotionalen Dimension des Menschen.

 „Kraft und Stoff“ rief in Russland gegensätzliche Reaktionen hervor. Eine Umorientierung zu Positivismus und Naturwissenschaft als auch eine starke Propaganda des Vulgärmaterialismus unter Studenten brachte Büchners Anhänger zu mehreren Auseinandersetzungen mit den Konservativen. Der Konflikt verlief grundsätzlich zwischen Väter- und Söhne-Generationen. Die neue Generation vertrat die materialistischen Theorien, womit alle Werte und Autoritäten, die für „Väter“ von Bedeutung waren, radikal negiert wurden. Dieser aktuelle Konflikt wurde in „Väter und Söhne“ in einer literarischen Form dargestellt. Zum ersten Mal in der russischen Literatur wurde das Problem der Väter- und Söhne-Generationen im Kontext eines starken philosophischen Ideenkampfes angesprochen, welcher durch das gegenwärtige Interesse für nihilistische und vulgärmaterialistische Theorien geweckt wurde.

 Der herrschende Ideenkampf der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts erklärte den pauschalen Konflikt zwischen zwei Ideenwelten: der liberalen und der demokratischen. Im Roman „Väter und Söhne“ wird die Welt der adeligen liberalen Slawophilen durch „Väter“ dargestellt. Die nichtadeligen westlich-orientierten Materialisten und Nihilisten haben ihre Verwirklichung in der Person von Jewgeni Bazarow gefunden, der zielstrebig die Ideen der neuen Generation vertrat.

Turgenevs Korrekturen im Roman

 Abgeschlossen im Jahr 1861 konnte der Roman „Väter und Söhne“ lange Zeit nicht herausgegeben werden, was vorher noch mit keinem von Turgenevs Werken geschah. Die ganze zweite Hälfte des Jahres 1861 war der Überarbeitung des Romans gewidmet worden. Die Pariser Handschrift des Romans war mehrmals von dem Autor korrigiert worden. Das hatte mehrere Gründe, darunter eine komplizierte politische Situation in Russland zur damaligen Zeit, die unmöglich eine literarische Darstellung eines russischen Revolutionärs stellte, und auch die Unzufriedenheit von Turgenev selbst mit dem Charakter von Bazarow allgemein. Während seines Aufenthaltes in Spasskoje ließ Turgenev mehrere große Abschnitte aus dem Text aus, was eine steigende Feindschaft zwischen den Liberalen und Demokraten-Revolutionären in den 60er Jahren in Russland auswies. Mit seiner Korrektur reduzierte Turgenev manche scharfen Repliken von Bazarow und einige von seinen provokativen Aussagen. Bazarow wurde von dem Autor sogar ziemlich „verschlechtert“, währenddessen sein Ideengegner - der Liberale Pawel Petrovič Kirsanow - in einem etwas besseren Licht dargestellt wurde. Die herrschenden Zensurvorschriften spielten für die Herausgabe des Romans auch eine große Rolle, indem sie alle Angriffe der Demokraten gegen den Adel in der Literatur für ausgeschlossen hielten. Erst später, als der Roman schon veröffentlicht wurde, erkannte Turgenev, dass in Folge seiner Korrekturen und „Verbesserungen“, die durch die allgemein schwere Situation in Russland bedingt wurden, manche Stellen im Roman nicht der Wirklichkeit entsprachen. Das bedingte eine Überarbeitung des Romans für eine besondere Ausgabe, was meistens zugunsten vom Charakter Bazarow unternommen wurde, um seine politische Ideenrichtung besser darzustellen und auch verstehen zu können.

Das Bild der neuen Generation

 Die neue nichtadelige Generation der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts war die Generation der europäisierten Aufklärer. In erster Linie spürten sie eine starke Abscheu für Leibeigenschaft in Russland und die Folgen auf dem ökonomischen und sozialen Niveau. Sie kämpften für die allgemeine Aufklärung der Volksmassen, für die Selbstverwaltung und Freiheit der europäischen Lebensformen und auch für eine allgemeine Europäisierung von Russland. Die Interessen der untersten Schicht der Bevölkerung – der einfachen Bauern, die nur teilweise befreit wurden - standen bei ihnen an der ersten Stelle. Sie glaubten, dass das Abschaffen von Leibeigenschaft zum generellen Wohlstand der Bevölkerung führt. Solche Ansichten der Aufklärer nannte man „das Erbe der 60er Jahre“, welche nicht nur von Demokraten, sondern auch von manchen Liberalen unterstützt wurden. Die Ideenauseinandersetzung zwischen den Liberalen und den Demokraten lag grundsätzlich in der Art und Weise ihres Kampfes für Aufklärung: die Liberalen verabscheuten zwar auch die Leibeigenschaft, hielten sich aber an die reformatorischen Methoden für die Änderung der Gesellschaftsordnung. Die philosophischen Ansichten der neuen Generation, wie es oben schon erwähnt wurde, waren stark dem Materialismus von Büchner unterworfen. Sie teilten sein kausal-mechanistisches, utilitaristisches und rein funktionales Weltverständnis und verließen sich nur auf Fakten, was ihre Negierung aller geltenden Autoritäten stark belegte.

 Die grundsätzliche Weltanschauung der neuen west-orientierten Generation, die sich in Russland am Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts herausgebildet hatte und meistens aus jungen Naturwissenschaftlern bestand, verwirklichte Turgenev in Bazarows Charakter. Er erbte sämtliche radikale Züge, die ihnen eigen waren: die absolute Feindseligkeit gegenüber den Aristokraten, Verneinung von allen Prinzipien als auch eine scharfe und direkte Kritik an der gesellschaftlichen Ordnung und ein starkes Verabscheuen der Liberalen, die von dem Gedanken ihrer Feudallehre erfüllt waren. Jewgeni Bazarow war ein überzeugter Materialist und Nihilist - wie er sich selbst nannte - setzte seine nützliche Beschäftigung mit Naturwissenschaften an die erste Stelle, hatte eine opportunistisch-reale und praktische Lebenssicht, war ein starker Gegner der Heuchelei und Scholastik und besaß eine starke Willenskraft sowie einen starken Einfluss auf seine Umgebung. Büchners „Kraft und Stoff“ wurde zu seinem Taschenbuch und seine Weltanschauung konnte man als ein Konzentrat der vulgärmaterialistischen Lehre bezeichnen. Er teilte sowohl Büchners Ansichten in Bezug auf die Welthierarchie als auch seine Negierung der Autoritäten und Prinzipien. Hierbei gilt eine entscheidende Einschränkung: diese Ansichten teilte Bazarow nur in der ersten Hälfte des Romans (bis zum 16. Kapitel), in der zweiten Hälfte entwickelten sich in seinem Charakter ein ausgeprägter Pessimismus und Skeptizismus, was zur Infragestellung und Revision seiner eigenen Ansichten führte. Auf die detailierte Darstellung dieser Evolution in Bazarows Charakter werde ich später noch eingehen.

Bazarow als „Held unserer Zeit“

 Zum ersten Mal erschien in der Literatur das Bild eines russischen Materialisten mit dem Charakter von Bazarow. Ein großer Verdienst von Turgenev als ein Schriftsteller-Realist ist die Tatsache, dass dieser Charakter echt und real schien und damit eine epochale Bedeutung trug. Bazarow war keine Illustration zu einer bestimmten politischen These, sondern eine vollständige Gestalt, die auf einem hohen Niveau dargestellt wurde. Der junge Naturwissenschaftler Bazarow rückte an die Stelle von adeligen Intelligenten wie Rudin und Lavretski und brachte damit die russische Literatur auf eine weitere Stufe. Beim Schaffen von Bazarows Charakter verfolgte Turgenev keine politisch-revolutionären Ziele, er interessierte sich mehr für die erkenntnistheoretische und philosophische Seite der Charakterdarlegung.

 Auf den Seiten der Zeitschriften „Русская литература“, „Литература и жизнь“, „Нева“ und „Новый мир“ fanden mehrseitige Debatten über Turgenevs eigene Ideenstellung in dieser Zeit und über die Darstellung des neuen Charakters - Bazarow - statt. Die Handlung im Roman geschah im Jahr 1859, was der damaligen Gegenwart entsprach. Nach Turgenevs eigenen Worten war Bazarow ein „Held unserer Zeit“ gewesen. In Folge von sämtlichen Diskussen um den Roman entstand die Meinung, dass Turgenev selbst mit seinen mäßigen liberalen Ideen, die sich historisch herausgebildet haben, einen gewissen Ideenunterschied zu Bazarows Theorien besaß. Der Autor stand auf der Seite der folgsamen reformatorischen Gesellschaftserneuerungen und war ein Gegner von allen revolutionären Ausbrüchen. Turgenev sah in den revolutionären Materialisten eine große Kraft der neuen Generation, glaubte aber nicht an die Perspektivität ihrer Ideen und fand ihren zukünftigen Weg aussichtslos. Bis zum Lebensende befand sich Turgenev in einer Auseinandersetzung mit den Materialisten. Die Theorien von Černyševski bezeichnete er als „schädlich, verlogen und widerlich“. Mehrere Forscher von Turgenevs Roman waren der Meinung, dass dies der Grund war, Bazarow als tragische Gestalt darzustellen. Selbst Turgenev schreibt in einem Brief vom 14. April 1862 an A. A. Slučevski: „Мне мечталась фигура сумрачная, дикая, большая, до половины выросшая из почвы, сильная, злобная, честная – и всё-таки обречённая на гибель“[6]. Damit entzog Turgenev Bazarow den gesamten gesellschaftlichen Optimismus, das Streben in die Zukunft, den Glauben an die schönen Ideale und ersetzte es mit dem kalten Opportunismus und einer tiefen Skepsis. In Turgenevs Augen trat Bazarow als Träger der neuen Mentalität seiner nichtadeligen Generation gegenüber den alten Prinzipien der „Väter“ auf. Seine Lebenseinstellung hat ihn im Laufe der Zeit wenig vorangebracht, sie stellte sich als einseitig und unvollständig gegenüber der ewigen Gesetze der Natur und der Rätsel der Liebe und des Todes heraus.

 Bei der Arbeit an dem Charakter von Bazarow hat Turgenev ein Ausgangspunkt aus dem wirklichen Leben gebraucht, um seiner Gestalt eine gewisse Wahrhaftigkeit zu geben. Er musste diese Person mit den Augen eines Dichters sehen und spüren. J. Nikolski in seinem Buch „Turgenev und Dostojewski“[7] führte folgenden Hinweis von Turgenev über Bazarow an: “Я однажды прогуливался и думал о смерти…Вслед затем предо мной возникла картина умирающего человека. Это был Базаров. Сцена произвела на меня сильное впечатление и затем начали развиваться oстальные действующие лица и само действие.“ Turgenev sah Bazarow als realen Menschen und schaute die Welt aus seinen Augen an. Eine obligatorische Bedingung für den Autor war „наличие живого лица“. Über den Prototypen von Bazarow schreibt Turgenev folgendes: „В основание главнй фигуы, Базрова, легла одна поразившая меня личность одного молодого провинцального врача. (Oн умер незадолго до 1860 годa.) В этом замечательном человеке (Turgenev nennt ihn Doktor D.) воплотилось […] то едва народившееся, еще бродившее начало, которое потом получило название нигилизма“.[8] A. I. Polovcev schreibt in seinen Erinnerungen, dass der von Turgenev genannte Arzt ein Bekannter von Turgenev Dmitriev war. Er fügt die von Turgenev gegebene Erklärung hinzu: “Без уездного врача Дмитриева не было бы Базарова. Я ехал из Петербурга в Москву во втором классе. Oн сидел против меня. Говорили мы мало, о пустяках. […] Eго мало интересовало, кто я, да и вообще литература. Меня празила в нём базаровская манера, и я стал всюду приглядываться к этому нарождающемуся типу“[9].

 Ein Zeitgenosse von Turgenev, N. M. Černov, studierte mehrere Archive mit Unterlagen, die über die Verbindung von Turgenev mit der nichtadeligen Jugend der Orlovskaja Gubernija in den 50-60er Jahren berichten. In Folge dessen stellte Černov eine neue Hypothese über den Prototypen von Bazarow dar: der Landgutsnachbar von Turgenev war ein junger provinzieller Arzt, den Bruder eines bekannten Folkloristen, Ethnographen und Schriftstellers, P. I. Jakuškin, Viktor Ivanovič Jakuškin. Er studierte an der Petersburger Medizinisch-Chirurgischen Akademie und war bekannt als „рассадник и колыбель нигилизма“. Seine Mutter war eine Leibeigene und der Vater ein Gutsbesitzer. Nach dem Ende seines Studiums arbeitete Jakuškin als Militärarzt und dann als Landesarzt in Petersburg. Er beschäftigte sich mit wissenschaftlichen Tätigkeiten, hatte demokratische Ansichten und war in engem Kontakt mit V. Kuročkin, G. Uspenski, A. Benni und A. Nečiporenko, was seine Verbindung zu der führenden gesellschaftlichen Ideenströmung der damaligen Zeit belegte. Der Freundeskreis von Jakuškin und sein Gesellschaftsbild, was ihn als einen Verbreiter von Nihilismus, „возбудитель спокойствия“ und einen Agitator darstellte, weisen auf mehrere Charakterzüge von Bazarow hin.[10]

„Говорящая фамилия“

 Was den Familiennamen „Bazarow“ betrifft, wurde sein Name in der Geschichte der russischen Literatur öfters als Gattungsname benutzt. Einerseits hing dies mit der philosophischen Problematik des Romans und dem dargestellten aktuellen Thema Nihilismus in Bazarows Charakter zusammen. A. Herzen und I. Pisarev nannten das dargestellte Nihilismus-Phänomen „базаровщина“ – „eine Krankheit unserer Zeit“.[11]

Andererseits greift die Tradition von „говорящие фамилии“ in der russischen Literatur noch in die Zeiten von Gogol zurück. Man könnte annehmen, dass seit der ersten Bekanntschaft der Leser mit Bazarow sein Familienname den Anfang für die Charakteristik seiner Person legt. Vom russischen Wort „базар“ (Markt, Basar, Spektakel) abgeleitet, assoziiert sich der Name mit einem lauten bunten Durcheinander, was dem russischen „базар“ zugrunde liegt, und auch mit einer lauten pausenlosen Unterhaltung mehrerer Menschen, die in der Regel keinen Sinn enthält. „Говорящая фамилия“ Bazarow klingt aufreizend und sogar vulgär (eine umgangssprachliche Nutzung des Verbes „базарить“ – bedeutet: frech und vulgär sich unterhalten) und gibt Bazarow noch am Anfang die Charakteristik einer außergewöhnlichen und „Lärm machenden“ Person.

 Die Ideenwelt der neuen nichtadeligen Generation, wie es oben schon erwähnt wurde, ist im Roman durch Bazarows Person dargestellt worden. Diese Darstellung beschreibt der Autor durch einen dramatischen Zusammenstoß von Bazarow mit den anderen Romancharakteren. Im Laufe des Romans erlebte Bazarow mehrere Schicksalsschläge, was zu einer starken Loyalität seiner Lebensüberzeugungen führte. In der zweiten Hälfte des Romans erfüllte ihn Turgenev mit tiefem Pessimismus und Skepsis.

In der folgenden Analyse von Turgenevs Handschrift stelle ich diese Evolution von Bazarows Charakter genauer dar.

Bazarows Gestalt

 Die erste Bekanntschaft der Leser mit Bazarow folgt im zweiten Kapitel. Als Arkadi Kirsanow mit seinem neuen Freund und Mentor Bazarow an dem Gasthof ankam, stellte Arkadi ihn zuerst seinem Vater Nikolai Kirsanow und dessen Verwalter Pĕtr vor. Der Autor beschreibt zudem die äußere Erscheinung von Bazarow: „Длинное и худое [лицо], с широким лбом, кверху плоским, книзу заострённым носом, большими зеленоватыми глазами и висячими бакенбардами песочного цвета, oно оживлялось улыбкой и выражало самоуверенность и ум.“ Seine Hand zur Begrüßung gab er Nikolai nicht sofort. Bazarows Verhalten scheint sehr lässig und ungeniert zu sein. „ Евгений Васильев,- отвечал Базаров ленивым, но мужественным голосом“. Er machte den starken Eindruck eines Menschen, der sich überall sehr wohl zu fühlen schien, nicht allzu sprechlustig war und mit den Leuten der Dienerklasse immer auf einem familiären und freundschaftlichen Niveau blieb („Ну, поворачивайся, толстбородый! – обратился Базаров к ямщику.)

 Im dritten Kapitel, während der Fahrt nach Marjino, zündete sich Bazarow völlig rücksichtslos eine Zigarre an. Das bewies noch Mal seine Einstellung, dass die Meinung von den anderen (in dem Fall - vom älteren Nikolai Kirsanow, dem allerdings keine Zigarre angeboten wurde!) ihm ganz egal war. Es passierte gerade an dem Zeitpunkt, als Nikolai, der mit den fröhlichen und romantischen Gefühlen überfüllt war (welche mit dem Ankommen von seinem Sohn verbunden waren), ein Gedicht von Puškin aufsagte. Bazarows Unterbrechung erschien absolut unakzeptabel und frech. Auf das Thema von Bazarows Einstellung zu Kunst komme ich an einer anderen Stelle zu sprechen.

 Eine spektakuläre Szene stellt Bazarows Bekanntschaft mit Pavel Petrovič, seinem zukünftigen Ideenfeind und Objekt der Verabscheuung, dar. Mit seinen feinen aristokratischen Manieren und einem großtuerischen (für Bazarow auch angeberischen) Verhalten, wird Pavel Petrovič von Bazarow heimlich verspottet und verabscheut. Bazarow akzeptierte weder die liberalen Prinzipien und Ansichten in Bezug auf die Öffentlichkeit, noch die scholastische Mentalität und die Lebensgrundsätze der Liberalen.

 Nach dem kalten „Добро пожаловать“ und dem trockenen, auf englische Weise, „shake hands“, machte Pavel Petrovič eine Bemerkung (schon unter vier Augen mit seinem Bruder Nikolai), dass Arkadi „s’est degourdi“ (vermutlich bezog sich seine Bemerkung mehr auf Arkadis Freund). In Bazarows Anwesenheit wies Pavel Petrovič eine hohe Nervosität auf und schien sehr unzufrieden damit zu sein, dass „этот волосатый“ (Bazarow) eine Weile zu Besuch bleiben würde. Auch Bazarow bezeichnete Pavel Petrovič sofort als „чудаковат“ und seine Manieren als „архаическое явление“, äußerte Spott über sein Aussehen, mit welchem „пленять-то, жаль, некого!“ und fasste das Ganze als lustig zusammen.

Bazarows Nihilismus

 Nach der ersten äußeren und flüchtigen Bekanntschaft mit dem liberalen Pavel Petrovič stellte Bazarow im 5. Kapitel auch sein Ideenkonzept der Familie Kirsanow dar. Am nächsten Tag, während die Familie auf Bazarow am Frühstückstisch wartete, erkundigte sich Pavel Petrovič bei Arkadi über das Wesen von seinem Freund. Voll Begeisterung teilte Arkadi mit, dass Bazarow ein Nihilist sei, was die Brüder Kirsanow ziemlich aus der Fassung brachte. Zu dem gesagten folgte auch eine Erklärung von Arkadi, dass „нигилист – это человек, который не склоняется ни пред какими авторитетами, который не принимает ни один принцип на веру, каким бы уважением не пользовался этот принцип“. Er fügte auch hinzu, dass „иному от этого хорошо, а иному очень дурно“. Pavel Petrovič, der mehr über die Nihilisten informiert war als sein Bruder, schien nach dem Gesagten sehr nervös und gereizt zu sein. Er meinte, dass „для людей старого века“ wie er, „без принципов ни шагу ступить, ни дохнуть“. Er reimte das Wort Nihilist mit „гегелист“ und äußerte höchste Spannung darüber, wie die Nihilisten in der Zukunft „в пустоте и безвоздушном пространстве“ existieren würden.

 Mit ziemlicher Verspätung zum Frühstück (am frühen Morgen begab sich Bazarow auf einen kleinen Spaziergang um die Gegend von Marjino auszukundschaften und für seine anatomischen Experimente, die allerdings durch die „Väter“ verspottet wurden, ein Paar lebendige Frösche zu fangen), erschien Bazarow völlig verschmutzt am Frühstückstisch. Sein Erscheinen wurde mit Spott des äußerst gereizten Pavel Petrovič mit „вот и господин нигилист“ angekündigt. Im weiteren Gespräch redete Bazarow ziemlich stolz und selbstsicher über seine nihilistischen Überzeugungen. Seine freche Haltung und Redeweise empörte und beleidigte zutiefst „высоко аристократическую натуру Павла Петровича“. „Этот лекарский сын не только не робел, oн даже отвечал отрывисто и неохотно, и в звуке его голоса было что-то грубое, почти дерзкое”. Im Laufe der Diskussion erklärte Bazarow, das er sich mit Physik und allgemein mit Naturwissenschaften beschäftigte, im Grunde aber an keine Wissenschaft glaubte sowie keinen Wissenschaftlern (weder russischen noch deutschen) vertraute. („Да зачем же я буду их признавать? И чему я буду верить? Мне скажут дело, я соглашаюсь, вот и всё.“) Er meinte auch, wenn man schon darüber redete, dass ein anständiger Physiker viel wertvoller als ein Dichter sei. Ansonsten akzeptiere er selbst keine Lehre und keine Kunst. (“Есть науки как ремесла, знания, a наука вообще не существует вовсе.“) Diese Aussage beweist den reinen Opportunismus von Bazarow, im Sinne von seiner überzeugend praktischen und zweckmäßigen Lebenssicht.

 Zum Schluss der Diskussion wirkte Pavel Petrovič tief beleidigt und aufgelöst. Der Sinn des Gesagten von Bazarow war, dass das, was die Generation von den „Vätern“ je gelernt und verehrt hat, die Generation von Bazarow als zwecklos, altmodisch und scholastisch darstellte. Alle Werte, die seit Zeiten für ihn und seinen Bruder Nikolai existierten, wurden als „вздор“ bezeichnet (nach den Worten von Pavel Petrovič selbst). In dem Gesagten sah er auch eine persönliche Note. Nichts konnte für einen aristokratischen “Löwen“ wie Pavel Petrovič so niederwertig und abschätzend sein, als in den Augen von „провинциального лекарского сына“ als „oтсталый колпак“ aufzutreten.

 Die Weltanschauung der nichtadeligen Generation der 50-60er Jahre des 19. Jahrhunderts sowie die Generation der Materialisten und Nihilisten entsprachen im Wesentlichen den Äußerungen von Bazarow. Eine starke, kompromisslose Verneinung von allen früher existierenden Formen und Errichtungen war auch für Büchners, Moleschots und Vogts vulgärmaterialistische Philosophie sehr charakteristisch. Carl Vogt schrieb in der Einleitung zu seinen „Physiologischen Briefen“ folgendes: „Die Autoritäten haben nicht mehr das Gewicht wie früher; eine Thatsache gilt heut zu Tage nicht deßhalb, weil sie von diesem oder jenem Forscher ist aufgefunden worden, sondern darum weil sie wahr ist.“[12] Büchner äußerte sich genauso deutlich in Bezug auf die Naturwissenschaften, denen „jede Art von Autoritätsglauben“ fremd sei. Černyševski und Pisarev waren in Russland ebenso beschuldigt worden, „oтрицание авторитетов“ auszuüben. Dasselbe sagte auch Bazarow, als ein großer Anhänger der materialistischen Theorie: „В теперешнее время полезней всего отрицание – мы отрицаем. – Всё? - Всё.“ (10. Kapitel). Zu Bazarows Negationstheorie gehörte auch die missbilligende Sicht auf die Aristokratie. Speziell die allgemeine Ignoranz, die konservative Einstellung und auch das Benebeln des einfachen Volkes durch die Nichtaufklärung des herrschenden Aberglaubens und des Unwissens, unterstellte Bazarow den Aristokraten.

 Das Gesamte bildet ein strenges System, das sämtliche Ansichten der vulgärmaterialistischen Philosophie von Büchner als auch der dialektisch-materialistischen Theorie von Černyševski in sich aufgenommen hatte. Dieser Hybrid von materialistischen und nihilistischen Theorien entsprach der Weltanschauung vieler studentischer Naturwissenschaftler und auch der von Bazarow. Sie negierten alles was sie als veraltet und „nutzlos“ fanden. Eine überzeugend opportunistisch-praktische Lebenssicht setzten sie an die erste Stelle.

 Die Verneinung war kein zufälliges Merkmal an Bazarows Charakter. Der Grund, wofür er das ganze System der gesellschaftlichen Errichtung verneinte, war die Nützlichkeit. In diesem Punkt folgt Bazarow der utilitaristischen Theorie. „Mы действуем в силу того, что признаём полезным“ – sagte Bazarow im 10. Kapitel in der weiteren Diskussion mit Pavel Petrovič. „Aристократизм, либерализм, прогресс, принципы (…) – подумаешь сколько иностранных … и бесполезных слов! Русскому человеку они даром не нужны.“; „Да начто нам эта логика? Мы и без неё обходимся.“ In der weiteren Diskussion wies er auch auf sein Ziel der Negierung hin: „Строить – не наше дело. Сперва надо место расчистить“. Die Aussage, dass eine Negierung der Gesetze kein aufbauendes Ziel hat („не строить“, sondern erst den Platz frei machen) zeigt den Unterschied zu den klassischen deutschen Nihilisten. Die deutsche nihilistische Schule (insbesondere die Arbeiten von F. Nietzsche und A. Schopenhauer), welche eine allgemeine Negierung als Grundlage ihrer Lehre hatte, verfolgte mit ihrer Theorie folgendes Ziel: die Abkehr von den alten Regeln und Prinzipien um etwas Neues und Aktuelles an ihrer Stelle aufbauen zu können. Friedrich Nietzsche kritisierte in seinen Werken Moral, Religion, Philosophie, Wissenschaft und alle Formen der Kunst. Als den einzigen „anständigen Typus in der Geschichte der Philosophie“ akzeptierte Nietzsche nur die Skeptiker. Besondere Kritik übte er in seinen Werken an der christlichen Moral, die er als abendländisch und zurückgeblieben bezeichnete. Seiner Ansicht nach sollte man auf einen veralteten und lächerlichen Glauben verzichten, um eine neue „Religion“, die im Grunde rein atheistisch ist, aufzubauen. „Ich kenne den Atheismus durchaus nicht als Ergebniss, noch weniger als Ereigniss: er versteht sich bei mir aus Instinkt. Ich bin zu neugierig(…), um mir eine faustgrobe Antwort gefallen zu lassen. Gott ist eine faustgrobe Antwort, eine Undelicatesse gegen uns Denker –, im Grunde sogar bloss ein faustgrobes Verbot an uns: ihr sollt nicht denken! …“[13] Nietzsche bezog sich in seinen Werken auch auf eine Verabsolutierung der Negation – eine rein theoretische, aber ziemlich radikale Verneinung einer natürlichen Weltgewissheit, infolgedessen ein offenes und ein inhaltsleeres Bewusstsein entsteht. In diesem Bereich unterschied sich seine Theorie von den Überzeugungen von Bazarow, da Bazarows Negierung eine praktisch-opportunistische Richtung annahm.

 Das Pronomen мы, das Bazarow in seinen Äußerungen verwendet, klingt etwas ungewohnt und einsam im Kreise der Familie Kirsanow. Auf solche Weise konnte mit seinem politischen Gegner wahrscheinlich kein provinzieller Arzt, sondern ein Ideologe oder ein großer Redner sprechen. Bazarows мы ist nicht nur auf seine Person bezogen, er sprach die Meinung seiner vielen Kollegen aus, deren Existenz den Brüdern Kirsanow, die Bazarow als ein seltsames aber mutiges Phänomen betrachteten, nicht bewusst war. Der Appel Bazarows war in erster Linie auf eine deutliche theoretische und praktische Abgrenzung mit den Liberalen gerichtet. Für dieses Ziel kämpfte er folgsam und unentwegt im Laufe des ganzen Romans, sogar in den Momenten, wo er sich psychologisch zerstört fühlte und einige seiner Behauptungen überdenken musste.

 Die Quintessenz des Kampfes mit Liberalen für die politische Vermessung findet im 26. Kapitel statt. In einem Dialog mit Arkadi weist Bazarow auf einen deutlichen Unterschied zwischen revolutionär gerichteten Nichtadeligen (которые „драться хотят“ und zu denen er selbst gehörte) und „дряблыми и смиренными либералами“, die bestenfalls für “благородное кипение“ fähig sind (damit ist die Familie Kirsanow mitsamt Arkadi gemeint), hin. Bazarow äußert sich über die Meinungsunterschiede mit Arkadi auf die Weise, dass er keine Möglichkeit auf einen gemeinsamen Kompromiss zwischen ihnen sieht. Mit all seiner Skepsis und seinem Pessimismus, niedergeschlagen und betrübt von dem überlebten Liebesunglück, bleibt Bazarow seinen Ansichten treu bis zum Schluss. Wie von einem hohen Podest kommentierte er das Leben: „Чем бы мы наш жизненный чемодан не набили – лишь бы пустоты не было.“; „A теперь повторяю тебе на прощание… потому что обманываться нечего: мы прощаемся навсегда (…). Tы для нашей горькой, терпкой, бобыльной жизни не создан. В тебе нет ни дерзости, ни злости, a есть молодая смелость, да молодой задор; для нашего дела это не годится. Ваш брат дворянин дальше благородного смирения или благородного кипения дойти не может, a это пустяки. Вы, например, не дерётесь – и уж воображаете себя молодцами,- a мы драться хотим. Да что! Наша пыль тебе глаза выест, наша грязь тебя замарает, да ты и не дорос до нас, ты невольно любуешься собою, тебе приятно самого себя бранить; a нам это скучно – нам других подавай! Нам других ломать надо! Tы славный малый, но ты всё-таки мякенький, либеральный барич – e volatu, как выражается мой родитель“.

 In Bazarows Monolog ist eine deutliche Bitterkeit und auch eine tiefe Enttäuschung im Bezug auf Arkadi zu hören. Hinter aller Unabhängigkeit und Gleichgültigkeit, die er in seine Worte legen wollte, ist seine bittere Einsamkeit nicht zu übersehen. Diese Einsamkeit ist erzwungen und nicht durch seine eigenwillige Natur bedingt. Über die nichtgelungene Freundschaft mit Arkadi äußerte sich Bazarow: „мы приелись друг другу“, um seine zerbrochenen Hoffnungen in Bezug auf seinen Kollegen nicht zum Vorschein kommen zu lassen. Am Ende des Romans bezeichnete er Arkadi sogar mit dem Adjektiv „мягенький“ – derjenige, der zu keinen radikalen Handlungen fähig ist – im Gegenteil zu Bazarow selbst, wodurch seine Enttäuschung deutlich wird.

 „Горькая, терпкая, бобыльная жизнь“, dass von Bazarow genannt wurde – ist das historisch beschriebene reale Leben von den russischen Progressiven, die „место расчистить“ für ein neues Leben strebten. Turgenevs Ansichten unterschieden sich von denen Bazarows. Der Autor stand mehr an der Seite eines reformatorischen Weges der Ordnungsänderung als auf der von revolutionären Maßnahmen. Wahrscheinlich deshalb äußerte sich Bazarow im 27. Kapitel: „я нужен России… Нет, видно не нужен. Да и кто нужен?“ An der Stelle schien Bazarows Pessimismus mit dem von Turgenev verbunden zu sein.

 Trotz der unterschiedlichen Einstellung zwischen Turgenev und Bazarow befindet sich eine tiefe Sympathie des Autors zum Bazarows Charakter und seinen menschlichen Charakterzügen, was in seiner Darstellung deutlich zu sehen ist. Bazarow wirkte immer als ein ehrlicher, zielstrebender und völlig hingebungsvoller Verfechter seiner Idee „во имя общественного блага“. Beim Lesen der Szene Bazarows mit Odincova empfindet man ein tiefes Mitleid zu seiner Persönlichkeit, die sogar beim Sterben ihrer Ansichten treu bleibt. (Bazarow über sich selbst): „(…) червяк полураздавленный, а ещё топорщится. И ведь тоже думал: обломаю дел много, не умру, куда! Задача есть, ведь я гигант! A теперь вся задача гиганта – как бы умереть прилично, хотя никому до этого дела нет… Всё равно: вилять хвостом не стану.”

 Damit meinte Bazarow, dass absolut Nichts - nicht einmal der Tod - seine Sicht auf das Leben ändern und ihn auf eine milde liberale Denkweise umorientieren kann. In seinen Worten hört man einen tiefen philosophischen Pessimismus, wahrscheinlich den Pessimismus von Turgenev selbst. Die stark ausgeprägtee maximalistische Sichtweise, die insgesamt von seinen hohen Ansprüchen zu sich selbst und zu den Anderen bedingt war, bleibt aber trotzdem erhalten.

Über Bazarows Materialismus

 Die Tatsache, dass Turgenevs Charakter Bazarow eine ausgeprägte materialistische Weltanschauung besaß, wurde durch die Analysen von Turgenevs Werk festgestellt. Die Frage nach der Art von Bazarows Materialismus - einen konsequenten oder einen vulgären - lässt sich durch eine konkrete Analyse beantworten. Im Roman äußerte Bazarow einige Ideen, die sehr nah an der anthropologischen Philosophie von Černyševski als auch an der vulgären Philosophie von Büchner lag. Im laufe des Romans nähern sich die Ansichten von Bazarow eher an die vulgär-materialistischen Theorien an. Um die Natur von Bazarows Materialismus zu verstehen, muss man vor allem die Grundlagen dieser Theorie bestimmen, das heißt, in der ersten Linie den Unterschied zwischen den konsequenten und den vulgären Materialismus und auch den Idealismus zu benennen.

 Die materialistischen Theorien sind eng mit dem Begriff Sensualismus verbunden. Unter diesem Begriff ist die Erkenntnistheorie zu verstehen, die als einzige Quelle der allgemeinen Erkenntnis die Natur der Wahrnehmung sieht. N. I. Černyševski in seinem Werk „Антропологический принцип в философии“[14] betrachtet die Wahrnehmung als eine Wiederspiegelung von der objektiven Realität. Diese Art von Sensualismus nennt man konsequent und bildet die Basis der materialistischen Erkenntnistheorie. In seinen Aussagen identifizierte Bazarow die Wahrnehmung mit dem Bewusstsein. Er handelte im Namen der Wahrnehmungen: „Я придерживаюсь отрицательного направления – в силу ощущения. Mне приятно отрицать, мой мозг так устроен – и баста!“; „Отчего мне нравится химия? Отчего ты любишь яблоки?- тоже в силу ощущения. Это всё едино. Глубже этого люди никогда не проникнут.“ (Kapitel 21) In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Theorie von Bazarow von der von Černyševski. Der Unterschied zwischen der Zuneigung beispielsweise zu Äpfeln und der zu Chemie liegt grundsätzlich darin, dass man Äpfel infolge der Wahrnehmung und des Geschmacks mag, aber sich mit Chemie infolge ihrer Nützlichkeit ihrer Notwendigkeit beschäftige. Das Gleiche kann man auch auf die Verneinung einer gesellschaftlichen Ordnung beziehen: man verneint die herrschenden Prinzipien aus Zweckmäßigkeit und nicht infolge eigener Empfindung. Bazarow überschätzte die Kraft der Wahrnehmung und unterschätzte die Spezifik von Bewusstsein an sich, indem er seine Neigung zum Nihilismus den "Äpfeln" gleichsetzte.[15]

 Aus dialektischer Sicht auf alle Lebewesen scheint die Meinung Bazarows etwas engsichtig zu sein. Im 16. Kapitel äußerte er sich, dass „изучать отдельные личности – не стоит труда“, weil „люди – что деревья в лесу“; „нравственные качества одни и теже у всех: небольшие видоизменения ничего не значат. Достаточно одного экземпляра, чтобы судить обо всех других“. In Bazarows Überzeugungen fehlt Dialektik. Statt über die dialektische Einigkeit aller Lebewesen zu sprechen, redete Bazarow über ihre volle Identität und sah ihren qualitativen Unterschied nicht ein. „Mы с тобой те же лягушки.“ (5. Kapitel) Bazarows Meinung in Bezug auf die Struktur von Lebewesen ist metaphysisch und liegt dem vulgären Materialismus von Büchner nah.

Bazarow und Volk

 Die Beziehung von Bazarow zum russischen Volk stellt ein kompliziertes Problem dieses Romans dar, was durch eine tiefe Widersprüchlichkeit und Entwicklung durch den Autor gekennzeichnet wird. Von einer Seite „владел Базаров особым умением возбуждать к себе доверие в людях низших“, schreibt der Autor über ihn. Er spürte in sich eine organische Verwandtschaft mit dem Volk. „Mой дед землю пахал – с надменной гордостью отвечал [Павлу Петровичу] Базаров.- Спросите любого из ваших же мужиков, в ком из нас – в вас или во мне – oн признает соотечественника. Вы и говорить-то с ним не умеете.“ (10. Kapitel) In dieser Hinsicht ist Bazarow von dem Autor sehr demokratisch dargestellt worden – er kann mit dem Volk reden. Turgenev unterstrich, dass „слуги также привязались к нему, хотя он подтрунивал над ними: они чувствовали, что он всё-таки свой брат, не барин.“ In den direkten Gesprächen mit einem der Diener ist Bazarow sehr familiär und freundlich dargestellt worden. („Ну, поворачивайся, толстобородый, - обратился Базаров к ямщику.“ 2. Kapitel).

 Auf der anderen Seite äußerte sich Bazarow über das Volk sehr scharf („Русский мужик бога слопает“), ironisierte über es und gab sich am Ende des Romans sogar geringschätzig (das Gespräch mit einem Bauer im 27. Kapitel). Die eintönige, alltägliche Wahrheit über das russische Volk wurde sehr grob, lapidar, mutig und völlig ungeschminkt von Bazarow ausgesprochen. Auf die Frage von Pavel Petrovič: „Стало быть, вы идёте против своего народа?“ antwortete Bazarow: „A хоть бы и так? Народ полагает,что когда гром гремит, это Илья-пророк по небу разъезжает. Что ж? Mне соглашаться с ним?” Damit äußerte Bazarow seine starke Unzufriedenheit mit dem ungebildeten und abergläubischen russischen Volk. Es ist zu erkennen, dass Bazarow das Volk mit all seinen Bedürfnissen und Anforderungen verstand und sehr rational alle seine Verirrungen einschätzen konnte. Deswegen erscheint Bazarows Kritik und Verspottung des fehlerhaften und konservativen Verhaltens des Volkes, was einen Fortschritt deutlich verhinderte, gerechtfertigt. Die scharfe und zerstörerische Kritik von Bazarows Seite war aber trotzdem auf die Verteidigung der Volksinteressen gerichtet, er strebte eine allgemeine Aufklärung und eine Befreiung des Volkes aus ihrem niedrigen und sklavischen Zustand an, in dem das Volk seit den Zeiten „дореформенной России“ steckte.

 Mit einer nüchternen Kritik an Allem, was das Volk an einer progressiven Entwicklung hinderte, näherte sich Bazarow doch allgemeiner Skepsis und Enttäuschung sowie zu tiefem Pessimismus in Bezug auf die Zukunft des Volkes. Im 10. Kapitel machte der Autor einen Versuch, Bazarow dem Volk zu entfremden. Turgenev strich ein Ausschnitt aus dem Text weg, der eine sehr wichtige Phrase von Bazarow enthielt: „Mы не одни и народ не против нас“. Ohne diese Aussage verlor Bazarow jede Ähnlichkeit mit den Demokraten wie Černyševski und Dobrolubov, für die die Zukunft des Volkes wichtiger als alles anderes war. In dieser Hinsicht veränderte sich der Charakter von Bazarow gleich wie im Fall mit Odincova: von Hoffnung und Glaube zum Skeptizismus und Pessimismus. Im 21. Kapitel redet Bazarow über „будущее мужика“: „A я возненавидел этого последнего мужика (…) для которого я должен из кожи вон лезть и который мне даже спасибо не скажет… да и на что мне его спасибо? Ну, будет он жить в белой избе, а из меня лопух расти будет, ну а дальше?” In diesem Monolog redete Bazarow wie eine höchst egozentrische Persönlichkeit, die sich für die Zukunft seines Volkes überhaupt nicht interessiert. Sein Kummer über die eigene Person und über sein biologisches „ich“ überwältigte in Bazarow die Großzügigkeit und Edelmut, die er am Anfang hegte. Das Verhalten von Bazarow lässt sich folgendermaßen erklären: wie ein ausgezeichneter Beobachter merkte Turgenev, dass weniger typische Vertreter der nichtadeligen Intelligenz die Tatsache, dass das Volk eine grundlegende und entscheidende Kraft der Geschichte war, stark bezweifelten. Daher kam auch ihr Skeptizismus in Bezug auf die Zukunft des Volkes, da sie an ihre eigene Kräfte nicht glaubten.

 Etwas überraschend und sogar unlogisch nach dem Gesagten erschien das Benehmen von Bazarow in der Situation, als er derselben „мужик“, gegen dem er eine scharfe Aussage warf, heilte. Gesteuert von seiner Berufung als Arzt, kam Bazarow immer allen Bedürftigen zu Hilfe (mehrmals behandelte er Mitja und sogar seinen Feind - Pavel Petrovič). An dieser Stelle schrieb Turgenev wohl seinem Helden die Charakterzüge zu, die nichtadelige Demokraten dieser Zeit nicht besaßen.

 Die allgemein skeptische Denkweise von Bazarow über das russische Volk kann auch durch seine Reaktion auf die mehrjährige Idealisierung des Volkes von der Seite der Slawophilen bedingt sein. Die liberalen Slawophilen „рядили русского мужика в верноподданический кафтан“ und bildeten „патриархальные идилии“ um ihn. In diesem Fall betrachtete Pavel Petrovič die Patriarchalität des Volkes als sein Vorteil und lag damit der slawophilischen Idealisierung von allem Verknöcherten und Zurückgebliebenen des Volkes sehr nah. Bazarow bestritt die allgemeine Rückständigkeit des Volkes nicht, hielt sie aber für einen großen Nachteil. Er ging von Zeit zu Zeit ins Dorf und „подтрунивая, по обыкновению“ sprach mit irgendeinem Bauern. „В вас, говорят, вся сила и будущность России, от вас начнётся новая эпоха в истории…“ – diese Worte waren von Turgenev aus „Славянофильское учение“ entnommen worden. Mit einem höhnischen Spott sprach Bazarow sie aus. Aus diesen Gesprächen ist eine negative Ironie von Bazarows als auch von Turgenevs Seite zu slawophilischen Ansichten zu erkennen. Turgenev hielt sich für einen „заклятый враг славянофильства“ und fand ihre Theorie „ложной и бесплодной“ – wie er selbst im Artikel „По поводу „Отцов и детей“ schrieb.[16] Genauso wie sein Autor meinte Bazarow, dass „мужик“ noch ungebildet und unwissend sei und naiv an die Welt „на трёх рыбах“ glaube. Seiner Meinung nach sollte man das Volk erst „пробудить и просвятить“, bevor man über seine Zukunft redete.

Bazarow und Naturwissenschaft

 Eine interessante Äußerung Bazarows beschrieb Turgenev in einem Dialog von Bazarow mit Pavel Petrovič im 6. Kapitel. Mit Bazarows Worten äußerte Turgenev großen Schmerz und Bitterkeit über die allgemeine wissenschaftliche Zurückgebliebenheit des Volkes: „Куда нам до Либиха! Сначала надо азбуке выучиться, а потом уже взяться за книгу, а то мы ещё аза в глаза не видали“. Um zu verstehen, dass damit mehr die allgemeine Volksaufklärung gemeint war, als der Wissenschaftler Liebig selbst, muss man auch dem Dialog Bazarows mit seinem Vater im 20. Kapitel Aufmerksamkeit schenken. Hier äußerte sich Bazarow sehr skeptisch in Bezug auf die Wissenschaftler Schenlein und Rademacher, die sein Vater seit Jahren verehrt hatte. Am Ende der Diskussion meinte Bazarow, dass er überhaupt niemandem vertraute: „Мы теперь вообще над медициной смеёмся и не перед кем не преклоняемся. – Как же это так? Ведь ты доктором хочешь быть? – Хочу, да одно другому не мешает.” Auf die Frage, wie man Arzt werden und die Heilkunde dabei auslachen kann, gibt es folgende Erklärung: die Medizin, die Bazarow lächerlich fand, basierte entweder auf einer mechanischen oder einer idealistischen Philosophie und unterschied sich nicht so sehr von „гадание на кофейной гуще“. Bazarow kritisierte diejenige Wissenschaft, die nicht auf wissenschaftlichen Experimenten begründet war und daher keine praktische Prüfung überstand. Im Gegenteil akzeptierte Bazarow nur die Medizin, die auf einer neuen, echten und praktisch-materialistischen Lehre basierte. Bazarows Experimente mit Fröschen, die ständig durch den Liberalen Pavel Petrovič verspottet wurden, war keine zufällige und künstliche Erfindung von Turgenev, sondern eine Zusammenfassung von konkreten Lebenstatsachen.

 Die Naturwissenschaften in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts erlebten in Russland einen starken Entwicklungsaufstieg. Sie ergriffen alle Gesellschaftsschichten und wurden zu einem Muss des gebildeten Menschen. Sehr viele Schriftsteller der 60er Jahre wie Nik. Uspenski, V. Sleptsov, A. Levitov und M. Voronov waren studierte Mediziner und beschäftigten sich mit wissenschaftlichen Experimenten im Bereich der Anatomie. Es ist allbekannt, dass der Vater der russischen Physiologie, I. M. Sečenov, dessen Ansichten sich unter dem Einfluss von den russischen Naturwissenschaftlern formierten, seine bekannten Experimente ausgerechnet mit Fröschen durchführte. Seine Untersuchungen bewiesen, dass die Anatomierung von Fröschen, sowie alle andere praktischen Experimente ein unerlässlicher Bestandteil der eigenen wissenschaftlichen Forschung und der Selbstbildung ist. Nur die Leute, die zur russischen Wissenschaft feindselig und vertrauenslos waren, stellten die Wichtigkeit und Ernsthaftigkeit von Bazarows Experimenten in Frage.

 Zusammenfassend ist es offensichtlich, dass Bazarow ein Experimentator war. Er kritisierte eine scholastische und vom Leben abgelenkte Wissenschaft genauso wie eine abstrakte, idealistische Philosophie. Bazarow stand auf der Seite der konkreten und handwerklichen Lehre und „простого ремесла“, die von dem einfachen Volk beherrscht werden konnten. In dieser Hinsicht trat er immer wieder als Aufklärer der Bevölkerung auf.

Bazarows Ansichten auf die Kunst

 In dem Artikel „По поводу „Отцов и детей“ schrieb Turgenev: „…я исключил из круга его симпатий всё художественное“ und „должен был именно так нарисовать его фигуру“. Er bemerkte dabei, dass „за исключением воззрения на художество, - я разделяю почти все его убеждения“. Aus dem Text des Romans folgt, dass Bazarow weder die Kunst an sich, noch ihre Ausprägungen akzeptierte, wie beispielsweise Poesie, Malerei und Musik. „Порядочный химик в двадцать раз полезнее всякого поэта“, „Рафаэль гроша медного не стоит“ – ähnliche Aussagen trifft man ziemlich oft in dem Text. Bazarow ironisierte und spottete über Nikolai Petrovič als er Cello spielte und Puškin zitierte und kommentierte es mit folgender Bemerkung: „и охота же быть романтиком в нынешнее время!“ Im Gespräch mit Odintsova erklärte er ihr ganz ehrlich: „Вы… не предполагаете во мне художественного смысла, - да во мне действительно его нет.“

 Manche Kritiker wie N. Strachov und M. Katkov erklärten dieses Phänomen damit, dass Bazarow eine sehr strenge Person sein sollte und „просто боится разнеживающего и размагничивающего влияния искусства“. Sie meinten, dass Bazarow die Kunst unter dem Einfluss vom eigenen Asketismus verneinte und sich vor der Kraft der Versöhnung in der Kunst fürchtete.[17] Die zweite Hypothese von Bazarows Verneinung der Kunst drückt vor allem die sozialen Faktoren aus. Bazarow wollte nicht nur deswegen keine Kunst anerkennen, weil er in jeder Art der Kunst den Sieg von Phantasie über den menschlichen Willen und auch die allgemeine Lebensversöhnung sah, sondern auch, weil die Kunst in den 60er Jahren unberechtigt an die erste Stelle von Poeten und Kritikern gestellt wurde, also höher, als alltägliche bürgerliche Probleme und wichtige politische Fragen, die eigentlich zuerst gelöst werden sollten. Zu der Zeit, als der Roman veröffentlicht wurde, war die Triumphale Demonstration der Theoretiker „Искусство для искусства“ bereits vorbei. An ihre Stelle kamen bürgerliche und publizistische Interessen der Gesellschaft. Auf den Seiten mehrerer Zeitschriften waren allerdings ständig Versuche unternommen worden, die Interessen der Jugend, die auf gesellschaftliche und politische Fragen gerichtet waren, auf ästhetische Fragen der „reinen Kunst“ umzuorientieren.

 Die nichtadeligen Demokraten wie Černyševski waren der Meinung, dass besonders in der schwierigen Zeit von sozialen Konflikten die Kunst nicht an erster Stelle stehen sollte, da es mehrere Bereiche gab, die zu der Zeit wesentlich wichtiger waren. Wenn Bazarow sich negativ über Schubert oder Puškin äußerte, richtete er damit seine Kritik weniger auf die Künstler selbst, sondern auf ihre Rollen in der Lösung wichtiger Fragen der Gegenwart. In der Handschrift strich Turgenev den früher vorhandenen Dialog vom Pavel Petrovič und Bazarow weg, was den Grund von Bazarows Verneinung der Kunst vollkommen erklärte: „Коли вы так строги к поэтам, то уже разумеется, живописцам, музыкантам и прочим художникам от вас пощады ждать нечего? – Не о пощаде реч, я в них пользы не вижу.“

 An erster Stelle standen für Bazarow die Naturwissenschaften, nur sie konnten seiner Meinung nach die sozial-politische Situation in Russland verbessern. Die Lösung der maßgeblichen Probleme der 60er Jahre, wie die Befreiung der Bauern, die Entwicklung der Naturwissenschaften, die Volksaufklärung und die philosophische Ideologie der Bevölkerung, mussten zunächst innerhalb der Gesellschaft vollzogen werden. Bazarows Ausführungen, welche die Meinung mehrerer Vertreter der neuen Generation zusammenfassten, hatten folgende Aussage: die Kunst, die die Begeisterung für das Schöne an die erste Stelle setzte, lenkte die Gesellschaft von dem Angehen bedeutenderer Probleme ab und propagierte eine sorgenfreie panegyrische Lebenseinstellung. Bazarows Worte „Рафаэль гроша медного не стоит“, hatten in diesem Fall folgende Bedeutung: wenn Rafael, den die Kunstanhänger so vergötterten, das Allerwichtigste im Leben sein sollte und alles andere, wie Probleme der Aufklärung und das Streben zur gesellschaftlichen Entwicklung, übersteigt, dann braucht man keinen Rafael. Es war eine typische Reaktion von einem Vertreter der neuen Generation auf den Versuch, die Kunst zu fetischisieren. Bazarows Worte beweisen seine opportunistische Lebenseinstellung und Zuneigung zur Nützlichkeitstheorie. Was sich allerdings nicht bestreiten lässt ist die Tatsache, dass ihm mehrere Kunstwerke bekannt waren: er zitierte auswendig aus „The Brige of Abydos“ von Byron, erwähnte die englische Schriftstellerin Radcliffe und einen romantischen Helden einer Ballade von Schiller – den Ritter Toggenburg.

 Viele liberalen Ideologen wie P. Annenkov, A. Družinin, A. Tolstoi und A. Fet stellten die Kunst auf den ersten Platz. Turgenev hat ihre Ansichten überwiegend geteilt, was den Meinungsunterschied mit Bazarow in dieser Hinsicht belegte. Für Turgenev war die Kunst in den Jahren, als er „Väter und Söhne“ schrieb, sehr bedeutend und „сильнее самой природы“ – wie er es selber formulierte. Die Entwicklung von öffentlichem Gedankengut stellte sich Turgenev als Grund für einen möglichen Niedergang der Kunst vor. Diese Tatsache belegte auch die Meinung von mehreren studierten Naturwissenschaftlern der 60er Jahre: das Interesse für Kunst und für Ästhetik hielten sie für nicht mehr aktuell. Sie erkannten zwar die große Rolle der Schriftsteller und Maler in der Verbreitung der neuen öffentlichen Gedanken und in der Erziehung der neuen Weltanschauung an, waren aber überzeugt, dass die schöne Zeit der Romantik und der Kunst allgemein längst vorbei war. Von daher folgt die Replik von Bazarow im 9. Kapitel: „И охота же быть романтиком в нынешнее время!“ Büchners „Kraft und Stoff“ belegt ebenso folgende Ansicht: in seinem Werk schrieb er, dass in der Literatur „die Zeiten der Romantik“ endgültig vorbei sind. Auch die von den Romantikern verklärte Liebe hielt er im Grunde für einen „bloß physiologischen Vorgang“. Auch Büchners Meinung, dass „der Menschengeist ein Produkt des Stoffwechsels“ ist und „jedes lebendige Wesen vor allem ein „chemisches Laboratorium“ ist, so dass „Menschen- und Thierseele fundamental dasselbe“ sind[18] – entspricht der Meinung von Bazarow, der auch die Natur als „мастерская“ und alle Lebewesen als gleichaufgebaute Elemente betrachtete.

 Aus der Analyse von Bazarows politischen, philosophischen, wissenschaftlichen und ästhetischen Ansichten und seiner Beziehung zum Volk lässt sich ableiten, dass sein Charakter sehr wichtige und typische Züge der Jugend der 60er Jahre wiederspiegelte und auch viele materialistische Ansichten der deutschen und russischen Nihilisten vertrat. Wie es oben schon erwähnt wurde, war im Laufe des Romans sein Charakter einer Evolution unterworfen. Das Prozess und die Folgen dieser Evolution werden im folgenden Abschnitt erläutert.

Evolution im Bazarows Charakter

 Bis zum 14. Kapitel, im dem die Bekanntschaft Bazarow mit Odintsova stattfand, wirkte Bazarow als ein Mensch mit nüchternem und tiefem Verstand, der selbstbewusst, stolz und zielstrebig war, der weder Pessimismus noch Skepsis besaß und der einen starken Einfluss auf andere Menschen hatte. Bazarows Verhalten belegte auch seine Fähigkeit, anderen Menschen mit seinen Kenntnissen, Logik und Willen unter Druck zu setzen. Der Dialog mit Arkadi im 21. Kapitel beweist seine hohe Meinung über sich selbst und sein Selbstbewusstsein - (Arkadi): „A ты на себя надеешься? Ты высокого мнения о самом себе? – Когда я встречу человека, который не спасовал бы передо мною, тогда я изменю своё мнение о самом себе.“ Vom 14. bis 18. Kapitel entwickeln sich die Beziehungen zwischen Bazarow und Odincova. Der Autor zeigte, dass in Bazarows Verhalten langsam bestimmte Veränderungen heranreiften, die mit dem Kampf von Bazarow mit sich selbst verbunden waren: seine Lässigkeit und Frechheit im Umgang mit den Leuten sind verschwunden, sowie die Selbstbeherrschung. Im Gegenteil, die ihm immer fremde Verlegenheit und Scheu kamen in Odincovas Anwesenheit zum Vorschein. Im 17. Kapitel erläuterte der Autor selbst diese Veränderungen: „В Базарове(…) стала проявляться небывалая прежде тревога: он легко раздражался, глядел сердито и не мог усидеть на месте, словно что его подмывало“. Die Beziehung zwischen Bazarow und Arkadi haben sich ebenso verändert: sie verbrachten weniger Zeit zusammen, Bazarow redete nicht mehr mit Arkadi über Odincova und kritisierte nicht mehr ihre „аристократические замашки“. Der Grund für all diese Veränderungen formulierte Turgenev folgenderweise: „Настоящей причиной этой „новизны“ было чувство, внушенное Базарову Одинцовой, чувство, которое его мучило и бесило, и от которого он тотчас отказался бы с презрительным хохотом и цинической бранью, если бы кто-нибудь хотя отдалённо намекнул ему на возможность того, что в нём происходило.“ Bazarow – der leidenschaftlicher Feind von Romantik „с негодованием осознавал романтика в самом себе“ und akzeptierte den Begriff „красота“. An dieser Stelle führte Turgenev Bazarow zum schwersten Schicksalsschlag – er erlitt ein Fiasko in der Liebe. Dieser Zusammenbruch hatte schwere Konsequenzen für Bazarow: ab dem 18. Kapitel revidierte er seine radikalen Überzeugungen. Eine tiefe pessimistische Philosophie fing an ihn zu durchdringen. In seinen Äußerungen spürte man Traurigkeit und Verzweiflung: „Каждый человек на ниточке висит, бездна ежеминутно под ним разверзнуться может“. Sein Selbstbewusstsein verschwand, die Erbitterung und der vergebliche Wunsch, sich von der neugeborenen Romantik zu befreien, kam zum Vorschein. Bazarow gelang es nicht, wieder so zu sein, wie er vor der Bekanntschaft mit Odincova war. Er fühlte sich niedergeschlagen und verletzt bis zum Ende des Romans.

 Das Gespräch mit Odincova im 25. Kapitel stellte Klarheit in ihren Beziehungen: beide kamen zum Schluss, dass kein gegenseitiges Gefühl zwischen ihnen entstehen würde. Bazarow versuchte sie beide zu überzeugen, dass er „давно опомнился и надеется, что другие забыли его глупости“. Die Entschuldigungen von Odincova stimmten mit denen von Bazarow überein. Das Gesagte schien aber nicht allzu überzeugend zu sein, selbst der Autor glaubte nicht dem, was seine Helden aussprachen. Wie ein Psychologe verstand Turgenev, dass die Logik von menschlichen Sympathien sehr kompliziert ist und den Äußerungen von den Menschen sehr selten entspricht. Zweideutig kommentierte er das Gespräch von Bazarow und Odincova im 25. Kapitel: „…Они оба думали, что говорили правду. Была ли правда, полная правда в их словах? Они сами этого не знали, а автор и подавно”.

 In den letzten Kapiteln gelang es Bazarow nicht, sein Wutgefühl, die Verwirrung und seine Bitterkeit zu überwinden, sie begleiteten ihn bis zum Ende des Romans. Seine Worte zu Odincova im 27. Kapitel – „Дуньте на умирающую лампаду, и пусть она погаснет…“ – klangen wie ein letzter romantischer Akkord. Damit hat Turgenev seine Idee verwirklicht – Bazarow musste vor der Liebe, der verhassten Romantik und vor dem allmächtigen Leben resignieren.

 Der Forscher Iv. Ivanov analysierte das Sujet von „Väter und Söhne“ und schrieb: „Нигилизм нашел свою судьбу там же, где и гегелианство: у ног женщины“.[19] In allen bisher stattgefundenen Konflikten erhielt Bazarow den Sieg, er beeindruckte den Leser mit seinem brillanten Verstand und seiner Logik, in der praktischen Tätigkeit zeigte er sich als ein intelligenter und belehrter Wissenschaftler. Das Pech in der Liebe allerdings stürzte ihn von seinem Thron. Damit bewies Turgenev, dass die unglückliche Liebe sogar einen solchen "Giganten" wie Bazarow niederschlagen kann.

„Мысль о человеческом ничтожестве“ im Roman

 Unter den philosophischen Problemen, mit denen sich Turgenev im Laufe des Schaffens seiner Werke beschäftigte, war das Thema der menschlichen Bedeutungslosigkeit (мысль о человеческом ничтожестве). Das Ende von „Otcy i deti“ (der letzter Absatz), der mehrere Deutungen hat, spricht diese Frage in gewisser Weise an. In einem Resümee an den Roman schrieb Herzen: „Реквием на конце – с дальним апрошем на бессмертие души – хорош, но опасен, ты эдак не дай стреча в мистицизм“.[20] Auf diese Bemerkung antwortete Turgenev in seinem Brief, dass er „в мистицизм не ударился и не будет ударяться“. Tatsächlich hat das Ende vom Roman sehr wenig Gemeinsames mit dem Mystizismus. Die Frage von der Existenz Gottes war für Turgenev noch in den Zeiten seiner Bekanntschaft mit Belinski negativ gelöst worden. In der Zeit des Schaffens von „Otcy i deti“ versuchte er eine Mittelstellung zwischen Atheismus und Religion anzunehmen, was ihm allerdings nicht bedeutend gelang. Im Epilog des Romans sprach der Autor das Thema „о вечном примирении и жизни бесконечной“ an, das tief mit dem Motiv von „грешном, бунтующем сердце“ von Bazarow verbunden war. Von daher konnte abgeleitet werden, dass diese „примирение“ und „жизнь бесконечная“ Bazarow versprochen wurden. Da Turgenev Mystizismus ablehnte, bezogen die Kritiker den zweideutigen Sinn vom Romanepilog auf einen persönlichen Zweifel Turgenevs in mehreren philosophischen Überzeugungen in der Zeit des Schaffens. Der Epilog stellt eine künstlerisch gelöste, philosophische Synthese mancher ästhetischen Fragen dar, die Turgenev beschäftigt haben.

 Die Tatsache, dass die Natur allmächtig und ewig sei, ist seit langer Zeit festgestellt worden. Die Gedanken und die Gefühle eines Menschen sind auch ewig, sie kehren immer wieder in den neuen Menschen zurück. Das Auftreten von dem beliebten Ausdruck Turgenevs „равнодушная природа“ war deswegen im Romanepilog völlig berechtigt. Eine philosophisch-elegische, sogar pantheistische Stimmung des Epilogs, die keinesfalls als religiös oder mystisch betrachtet werden kann, ist dadurch gewonnen worden.

 In einem Artikel von M. K. Azadovski „Об одном сюжетном совпадении („Смерть аттеиста“ в романе Омулевского)“[21] gab es folgenden Kommentar zu dem Romanende von „Otcy i deti“: „Раскаившийся и примирившийся с „небом“ перед смертью атеист – была одна из популярнейших тем не только у представителей реакционного крыла (…)“. In Turgenevs Roman allerdings befand sich Bazarow weit von den Gedanken über „раскаяние“ und „примирении с небом“. Als ein überzeugter Atheist, sogar vor dem Sterben lehnte Bazarow „просьбу отца причаститься“ ab. Aus dem Verhalten von Bazarow in Bezug auf die Religion lässt sich schließen, dass der Autor mit sehr deutlichen Strichen das Bild eines folgsamen Atheisten darstellte. Das Ablehnen von Religion durch die nichtadelige Generation der 60er Jahre war durch ihre Theorie der Verneinung von allen existierten Normen geprägt worden, was sich auch in Bazarows Charakter wiederspiegelte.

 Das Thema „человеческого ничтожества“ war eins der führenden Probleme der atheistischen Theorie. In den Äußerungen von Bazarow im Laufe des Romans ist dieses Thema deutlich zu spüren. (Kapitel 21.: „(…) они вот, мои родители то есть, заняты и не беспокоятся о собственном ничтожестве, оно им не смердит (…)“, Kapitel 22.: „Узенькое местечко, которое я занимаю, до того крохотно в сравнении с остальным пространством, где меня нет и где дела до меня нет; и часть времени, которую мне удаётся прожить, так ничтожна перед вечностию (…).“). Diese Überlegungen haben mit der Abschätzung vom menschlichen Leben und der Verachtung von Menschen selbst wenig gemeinsam. Sie beziehen sich größtenteils auf die bedeutsamen Themen „Mensch und Natur“ und „Mensch und Ewigkeit“ und spiegeln die Gedanken einer denkenden und intellektuellen Person wider. Turgenev wollte in seinem Roman einen Menschen darstellen, der alles bis auf den Verstand bezweifelt und keine Macht von den anderen akzeptiert, in diesem Fall - die Macht einer zu ihm gleichgültigen „Gottheit“ – der Natur. Bazarow protestierte gegen die Urgesetze der Natur. Er fühlte sich wie ein kleines Atom, „песчинка“ oder „червяк раздавленный“ und wollte sich mit seiner mickrigen Lage nicht abfinden.

 Die Überlegungen von Bazarow über die Themen von Leben und Tod, von der Ewigkeit und der menschlichen Bedeutungslosigkeit stehen den Ansichten von Turgenev sehr nah. Nach der Meinung von B. Paskal, einen bedeutenden französischen Philosophen: „мысли о собственном ничтожестве – признак величия человека (…), ибо людей, обострённо чутко реагирующих на коренное противоречие между человеком и природой, считают величайшими из нас.“[22] Mit diesem Gedanken wurde eine der Grundlagen der Konzeption von Bazarows Charakter erläutert. Paskals Aussage gleicht auch mehreren Hinweisen von Turgenev selbst in Bezug auf Bazarow: der Autor meinte, dass Bazarows Persönlichkeit „выходит далеко за пределы обычной человеческой положительной нормы“.[23] Daher folgt, dass die Gabe eines Menschen, eigene Nichtigkeit anzuerkennen, unablässig seine Großartigkeit und Majestät beweist.

Bazarows Ende

 Der Tod von Bazarow stellte Turgenev bitter und edelmutig dar. Sein Tod war unabwendbar und Bazarow wusste es. Er kam so unerwartet, zufällig und unsinnig und er war durch einen nichtigen Grund bedingt worden. Bazarow starb allerdings nicht beim Vollenden einer großen Tat oder beim Kampf – in seinem Fall hat eine kleine Schnittwunde ausgereicht, um einen Menschen mit starkem Verstand und Willen umzubringen. Der Tod von Bazarow ist im Roman allgemein als Tod eines Menschen dargestellt worden. Damit äußerte Turgenev den Gedanken, dass das Leben eines Menschen jederzeit der Macht der allmächtigen Naturkraft unterstellt ist. Diese „gleichgültige“ Naturkraft kann jeden Moment ohne starke Anstrengung zerstören.

 Über das Konzept vom Bazarows Tod schrieb B. Paskal folgendes: „Незачем целой вселенной ополчаться, чтобы раздавить его [человека]. Пара, капли воды достаточно, чтобы его умертвить. Но если бы даже вселенная раздавила его, человек был бы ещё более благороден, чем то, что его убивает; потому что он знает, что он умирает; а вселенная ничего не знает о том преимуществе, которое она имеет над ним”.[24]


Schlusswort

 Mit Bazarow als Prototyp des Nihilisten machte Turgenev in „Väter und Söhne“ nicht nur den Begriff Nihilismus zum Schlagwort für eine politisch-soziale Bewegung, er zeichnete auch ein Porträt der jungen Generation. In einer hohen künstlerischen Form lieferte der Autor die Beschreibung des Konflikts, den die junge Generation mit der Generation der 40er Jahre austrug. Eine detaillierte Analyse des Charakter Bazarow in dieser Arbeit hat sowie seine ideologische Ansichten, als auch die Grundzüge seiner Persönlichkeit erläutert. In seiner vielseitigen Darstellung vom Autor verweist Bazarows intelligente Persönlichkeit auf seine epochale Bedeutung für russische Gesellschaft. Die durgeführte Analyse von Bazarows Charakter lässt sich schließen, dass Bazarow – keine Illustration zur einen bestimmten politischen These, sondern ein vollständiger künstlerisch dargestellte Charakter sei.

 A. V. Lunačarskij schrieb in seinem Artikel über den Roman „Väter und Söhne“ „как об одном из центральных явлений во всей русской жизни“. Er betrachtete Bazarow als einen „положительным типом деятеля“, „первой в русской литературе личностью, перед которой каждый чувствует уважение“. Lunačarskij bestimmte die Bedeutung von Turgenevs Roman folgenderweise: „И сейчас, несмотря на то, что мы не похожи на людей тогдашнего времени, „Отцы и дети“– ещё живой роман, и все споры, которые вокруг него велись, находят известный отклик в наших душах“.[25]


Literaturverzeichnis

1.  Батюто, Александр: Тургенев-Романист. Ленинград, Наука, 1972

2.  „Вопросы литературы”. Журнал критики и литературоведения. № 8. Москва, 1961

3.  Достоевский, Фёдор Михайлович: Собрание сочинений в 10 томах. T. 4. Гослитиздат, Москва, 1956

4.  Henning, Оtto: Nietzsche-Handbuch: Leben–Werk–Wirkung. Metzler Verlag, Stuttgart/Weimar, 2000.

5.  Иванов, Илья: И. С. Тургенев, Жизнь. Личность. Творчество. Нежин, 1914

6.  Ирсетская, Лариса: И. С. Тургенев и Н. И. Надеждин о нигилизме. In: “Тургеневский Сборник”. Выпуск 1. Русский Путь, Москва, 1998

7.  Луначарский, Анатолий Васильевич: Статьи о литературе. Литература 60-х годов. Гослитиздат, Москва, 1957

8.  Никольский, Юрий: Тургенев и Достоевский (История одной вражды). София, 1921

9.  Пустовойт, Пётр: Роман Тургенева Отцы и дети. Москва, 1964

10.  „Русские писатели о литературном труде“, Т. 2. Издательство АН СССР, Mосквa, 1955

11.  Tiergen, Peter: Zum Problem des Nihilismus in I. S. Turgenevs Roman „Vater und Söhne“. In: „Welt der Slawen“. Internationale Halbjahreszeitschrift für Slavistik. Otto Sagner Verlag, 1993 Turgenjew, Iwan: Literaturkritische und publizistische Schriften. Berlin – Weimar, 1979

12.  Tургеневский сборник под руководством Н. К Пиксанова. Т. 10. Издательство Огни, 1916

13.  Чернышевский, Николай Гаврилович: Антропологический принцип в философии. С.-Петербург, 1960

14.  http://lit.1september.ru/articlef.php (am 24.03.2008)


[1] Достоевский Ф. М., Собр. Соч. в 10 томах, т. 4, Гослитиздат Москва 1956, S. 79

[2] Пустовойт П., Роман Тургенева Отцы и дети, Москва 1964, S. 372

[3] Ирсетская Л., И. С. Тургенев и Н. И. Надеждин о нигилизме. In: Тургеневский Сборник. Выпуск 1, Москва Русский Путь 1998, S. 35

[4] Turgenjew I., Literaturkritische und publizistische Schriften, Berlin – Weimar 1979, S. 106

[5] Dr. Louis Büchner, Kraft und Stoff. Empirisch-naturphilosophische Studien. In allgemeinverständlicher Darstellung, 5. Aufl., Frankfurt a. M. 1858, S. 156 und 206. Rezension von Thiergen Peter, Zum Problem des Nihilismus in I. S. Turgenev’s Roman „Väter und Söhne“. In: Welt der Slawen, 1993, Band 38, S. 345-346

[6] Пустовойт П., Роман И. С. Тургенева “Oтцы и дети”, S. 373

[7] Никольский Ю., Тургенев и Достоевский (История одной вражды), София 1921, S.23

[8] Tургеневский сборник под руководством Н. К Пиксанова. Т. 10, Издательство Огни 1916, S. 346

[9] „Русские писатели о литературном труде“. Т. 2, Издательство АН СССР, Mосквa 1955, S. 753

[10] Чернов Н. М., Oб одном знакомстве И. С. Тургенева. In: Вопросы литературы, 1961, N° 8, S.56

[11] Пустовойт, S. 378

[12] Carl Vogt, Physiologische Briefe für Gebildete aller Stände, 2. vermehrte u. verbesserte Aufl., S. 11. Bei: Thiergen P., Zum Problem des Nihilismus in Turgenevs Roman „Väter und Söhne“, Welt der Slawen 1993, S. 350

[13] Friedrich Wilhelm Nietzsche, Ecce Homo, Warum ich so klug bin, 1. Abschnitt. Bei: Henning O., Nietzsche-Handbuch: Leben – Werk – Wirkung. Metzler, Stuttgart/Weimar 2000, S. 224

[14] Пустовойт, S. 190

[15] Пуcтовойт, S. 191-192

[16] И. С. Тургенев в его рассказах из своей жизни и в его письмах. (1874-1883), Журнал “Русская старина”, 1883, N° 10, bei Пустовойт, S. 173

[17] Катков M. Н.: Роман Тургенева и его критики, bei http://lit.1september.ru/articlef.php (Zugang am 24.03.2008)

[18] Thiergen P., Zum Problem des Nihilismus in I. S. Turgenevs Roman „Väter und Söhne“, S. 346

[19] Иванов И., И. С. Тургенев, Жизнь. Личность. Творчество., Нежин 1914, S. 533

[20] Герцен А. И., Собр. Соч. в 30 томах, т. 27, кн. 1, Изд. АН СССР, Москва 1963, angegeben bei: А. Батюто, Тургенев-Романист, Ленинград Наука 1972, S.50

[21] Батюто A. in „Тургенев-Романист“, S. 55 verweist auf „Сборник Академии Наук СССР, XLV. Академику Н. Марру“, Изд. АН СССР, Москва 1935, S. 589

[22] Паскаль, Б., Мысли. С предисловием Прево-Парадоля. (angegeben bei Batjuto, Turgenev-Romanist, S. 72)

[23] Батюто A., Тургенев-Романист, S. 68

[24] Паскаль Б., Мысли, (angegeben bei Батюто А., Тургенев-Романист, S. 73)

[25] Луначарский А. В., Статьи о литературе, Литература 60-х годов, Гослитиздат, Москва 1957, S. 198-200


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