2. Sprachliche Einigungstendenzen in der fnhd. Zeit.

Bereits in der fnhd Zeit wirkten sprachliche Einigungstendenzen, die ьber den Rahmen einzelner sprachlicher Landschaften hinausreichten. Eine davon ist die Tendenz zur sog." Verhochdeutschung " aller Gattungen des Schrifttums in Mittel - und Norddeutschland.

Im XIV -XV Jh. дuЯerte sich die andauernde Tendenz zur " Verhochdeutschung " vornehmlich in der Verschmelzung mitteldeutscher und sьddeutscher Elemente in der ostmitteldeutschen Literatursprache, was sie zu einer Ausgleichsprache gestaltete.

Die Einigungstendenzen kommen in der fnhd. Zeit auch darin zum Ausdruck, daЯ sowohl das Gemeine Deutsch als auch das Ostmitteldeutsche sich ьber die ursprьnglichen Grenzen hinaus verbreiteten. Das Gemeine Deutsch ist die sьdцstliche landschaftliche Variante der Literatursprache.


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Das Ostmitteldeutsche ist eine ostmitteldeutsche Variante der Literatursprache, die

sich seit um XVII Jh. im meiЯnisch-obersдchsischen Gebiet entwickelte. Das Ostmitteldeutsche gewann bereits in der fnhd. Zeit den niederdeutschen und einen Teil des westmitteldeutschen Sprachraums.

Im XVI Jh. nehmen die sprachlichen Einigungstendenzen den Charakter eines bewuяten Ringens um eine gemeindeutsche Sprache an. Die Entwicklung des NationalbewuЯtseins, der Drang nach politischer Einigung, nach Konsolidierung der Nation, der die frьhkapitalistische Epoche kennzeichnet, ruft auch das Streben nach politischer Einigung und nach bewuЯter Pflege der Muttersprache hervor, deren Wert und Wьrde nun erkannt und eifrig unterstьtzt werden. Dieses Streben kommt auch in den Schriften und in der gesamten Tдtigkeit deutscher Humanisten zum Ausdruck.

Das wachsende Bedьrfnis nach einer Einheitssprache ruft in dieser Zeit auch den

Begriff " gemain teutsch " ins Leben. Ihn bringen in der II. Hдlfte des XV. Jh. besonders die grцЯten sьddeutschen Buchdruckereien von Augsburg, Nьrnberg, StraЯburg in Umlauf. Unter diesem Begriff verstehen sie die oberdeutsche Variante der Literatursprache, die sie gebrauchen.

Die Erfindung des Buchdruckes und die schnellen Fortschritte des Buchdruckwesens und des Buchhandels fцrdern den sprachlichen Ausgleich. Die Buchdrucker streben die Vereinheitlichung der Sprache und die Schreibung an.

Einen starken AnstoЯ zur beginnenden Herausbildung der gemeindeutschen Literatursprache gaben die Reformation und der Bauernkrieg in Deutschland ( 1517-1525, 1524-1525 ). Der Kampf gegen die GroЯfeudalen und die pдpstliche Kirche erfaЯte alle Klassen der Gesellschaft. Breite Volksmassen beteiligten sich aktiv am ideoligischen Streit um religiцs-politische Probleme. Im Zusammenhang damit wurde die deutsche Sprache zum erstenmal zur Sprache der Propaganda unter den breiten Volksmassen. Das ganze Land wurde von religiцs-politischen Pamphleten, Agitationsschriften, satirischen Schriften, Aufrufen, politischen und agitorischen Flugschriften in Prosa, Versen und in Form von Dialogen ьberflutet.


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Thema VIII

Das phonologische System der deutschen Sprache aus diachronischer Sicht.

Plan

I. Konsonantismus

1. Die II. oder althochdeutsche Lautverschiebung

2. Die Entwicklung der Phoneme [ ], [ z], [v ].

II. Vokalismus

1. Drei Arten des Vokalwandels ( der Ablaut, die Brechung, der Umlaut )

2. Die Abschwдchung der unbetonten Vokale .

3. Die Diphtongierung und die Monophthongierung.

4. Die Dehnung und die Kьrzung der Vokale.


I. Von den wichtigsten Wandlungen im phonologischen System der deutschen Sprache in der historischen oder literarischen Zeit ( vom VIII -XX Jh.) sind folgende zu nennen : die II. oder ahd. Lautverschiebung, der Umlaut, die Abschwдchung der unbetonten Vokale, die Diphtongierung, die Monophthongierung und die Dehnung und die Kьrzung der Vokale.

Die II. oder althochdeutsche Lautverschiebung betrifft zwei Gruppen von Konsonanten : die germanischen p,t,k und die germanischen b,d,g

Die Umwandlung im Konsonantensystem der hochdeutschen Territorialdialekten begann im V/VI Jh.u.Z. im Bairischen und Alemanischen und erfaЯte in der Folgezeit, zwischen 800 und 1200, auch das Frдnkische. In ihrer Ausbreitung nordwдrts verlor sie allmдhlich an Intensitдt und machte schlieЯlich vor der Grenze des Niederdeutschen halt. Durch ihre Abstufungen schuf sie sehr bedeutende lautliche Unterschiede zwischen den einzelnen ahd Dialekten, die auch heute zu den wesentlichen differenzierenden Merkmalen einzelner hochdeutscher Mundarten zдhlen. Zugleich stellte die II.ahd Lautverschiebung alle hochdeutschen Mundarten dem Niederdeutschen entgegen. Die II. Lautverschiebung prдgt auch das Konsonantensystem der deutschen Literatursprache.

Die germanischen stimmlosen Explosivlaute p,t,k wurden im Ahd. teilweise oder vollstдndig spirantisiert, d.h. in Frikativlaute ( Spiranten ) oder Affrikaten verschoben:

a) im In -und Auslaut des Wortes nach einem Vokal wurden die germanischen p,t,k zu ff,33,hh verschoben:

as. opan ahd. offan, as.etan -ahd. e33an,as. ik -ahd.ih

b) im Anlaut, inlautend und auslautend nach einem Konsonanten sowie bei Konsonantendehnung wurden die germ. p,t,k zu den Affrikaten pf, z, kch (ch) verschoben:

as. tunga -ahd. zunga, as. pund- ahd. pfunt, as. appul -ahd apful, as. korn -ahd(bair.) kchorn.

Die Verschiebung von k> k(ch) ist nur im Bairischen und Alemanischen anzutreffen. Im Frдnkischen bleibt k enthalten.

Die germanischen Explosivlaute b,d,g, die sich aus b,р,g entwickelt hatten, wurden im Ahd zu p,t,k verschoben:

as. drinkan -ahd. trinkan; as. burg ahd. bair. purc, as. geban -ahd.bair. kepan.

Die Verschiebung von b,g zu p,k war nur dem Bairischen eigen. Nur die Verschiebung von d zu t hat einen Teil des Frдnkischen erfaЯt.

Die Grenze zwischen dem Hochdeutschen und dem Niederdeutschen, wo die II. Lautverschiebung haltgemacht hat, nennt man die Benrater Linie ( nach dem SchloЯ

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Benrat bei Dьsseldorf ). Diese Linie verlдuft ьber drei groЯe Stдdte an drei groЯen Flьsse: Dьsseldorf am Main, Magdeburg an der Elbe und Frankfurt an der Oder.

Im VIII Jh. begann in den oberdeutschen Dialekten der Ьbergang des germanischen stimmlosen interdentalen Frikativlautes Ю ьber die Zwischenstufe р zu d ;Ю.>р.> d :

got. Юreis, as. thria, ae. Юrie - ahd. thrie, drie, dri "drei ".

got. Юata, as. that, ae. Южt - ahd. tha3, dha3, da3 "das".

Im Frдnkischen vollzieht sich der Ьbergang Ю > d im IX-XII Jh. Im XII-XIV Jh. erfaЯt er auch die niederdeutschen Dialekte. Deshalb wird der Ьbergang Ю > d in die II. Lautverschiebung nicht eingeschlossen.

Das Althochdeutsche besaЯ kein [ ]. Die Entwicklung dieses Phonems beginnt im XI Jh. aus der Konsonantenverbindung sk. Seit dieser Zeit erscheint die Schreibung sch, die im XII Jh. allgemeine Verbindung bekommt. :

ahd. skоnan > mhd. schоnan "scheinen ".

ahd. skфni > mhd. schжne "schцn ".

Man nimmt an, daЯ der Laut k zuerst an das varausgehende s assimiliert wurde und spдter mit ihm verschmolz: sk > sch > [ ] .

Seit dem XIII. Jh. wird [s ] zu [ ] im Wortanlaut vor l,m,n,w und nach r. Fьr die Bezeichnung des [ ] wurde die bereits vorhandene Schreibung sch benutzt :

ahd. slafan, mhd. slвfen > nhd. schlafen

smerza smerze Schmerz

sneo sne Schnee

swarz swarz schwarz

kirsa kirse Kirsche

Etwas spдter entwickelt sich das [ ] auch vor p,t, obwohl es in der Schreibung unbezeichnet blieb :

ahd. spati, mhd. spжte > spдt [ ]

starc starc stark

Um die Mitte des XIII Jh. wird s im Wortanlaut und im Inlaut vor Vokalen stimmhaft : [ s] > [z], ohne daЯ diese Wandlung besonderen Ausdruck in der Schreibung findet :

ahd. [ s] sin, mhd. sin > nhd. sein [ z]

lesan lesen lesen [z]

Im Althochdeutschen und zu Beginn des Mittelhochdeutschen war w ein bilabialer Halbvokal, was die Formen ahd. seo " See" Gen. sкwes, mhd. se, G. sewes bezeugen (der Halbvokal w wurde im Wortauslaut vokalisiert ), ( auch heute Virchow, Pankow ).

Im XIII Jh. entwickelt er sich zum labiodentalen stimmhaften Gerдuschlaut.


II. Vokalismus


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